VOLKER STAAB
04. Schlossgespräch am 18.10.2012 – Volker Staab
Thema: „Behutsam – Radikal“
Neben dem Ersten Bürgermeister von Heidelberg, Bernd Stadel, begrüßte diesmal auch Annette Ipach-Öhmann, Direktorin Vermögen und Bau Baden-Württemberg, die über 600 Gäste im Königssaal.
Gastredner Prof. Volker Staab, ein gebürtiger Heidelberger, zitierte Tom Schoper, der in seinem Buch „zur Identität von Architektur“ vier zentrale Konzepte aufzeigt, wie Architektur auf den historischen Kontext reagieren kann: als das »Selbe«, das »Ähnliche«, das »Autonome« oder das »Andere«. Die Beispiele aus seinem Büro zeigen denn auch verschiedene Ansätze: Das neue Museum Nürnberg präsentiert sich als Gebäude durchaus autonom im historischen städtischen Gefüge – nimmt aber die Grammatik der mittelalterlichen Stadt auf. Das „Öffentlichmachen“ des Blockinneren und das Öffnen des Museumsinhaltes in die Stadt werden mit diesem Bau thematisiert.
Der Erweiterung der Firma „Nya Nordiska“ entwickelt aus der Sprache des Bestandes mit seinen Shed- und Giebeldächern eine eigene unverkennbare neue Gestalt, stellt sich aber dennoch „ähnlich“ dar.
Im Gegensatz dazu steht die Neugestaltung des Richard Wagner Museums in Bayreuth mit einem Neubau, der den ursprünglichen Garten fasst, sich aber außerhalb der historischen Anlage befindet und auch gestalterisch ausdrücklich „anders“ – also nicht Bestandteil der Anlage sein möchte.
Ein letztes Beispiel, der Umbau des Albertinums in Dresden wirkt auf den ersten Blick radikal, ein neues Depot wird über einem historischen Innenhof gebaut. Doch bietet diese Lösung die Chance, den Bestand zu revitalisieren und den Innenhof als neuen zentralen Veranstaltungsraum zu nutzen. Und dies ohne dass der Eingriff nach außen sichtbar wäre: Der Umbau ist radikal und behutsam zugleich.
Die anschließende Podiumsdiskussion bestritten Reinhard Hübsch vom SWR als Moderator sowie als Gäste Prof. Hilde Léon vom Büro Léon Wohlhage Wernik die sich in ihren Arbeiten wie Staab mit den komplexen Einflüssen sozialer, kultureller und historischer Natur auf die Architektur beschäftigt – genannt seien die indische Botschaft in Berlin und die Erweiterung des bayrischen Landtags sowie HG Merz, wohl der renommierteste Ausstellungsgestalter Deutschlands.
Das häufige Unverständnis gegenüber neuer Architektur in der Bevölkerung war ein Thema. Hilde Leon vergleicht die oft heftigen Reaktionen auf Neues Bauen in der Öffentlichkeit mit den Folgen einer Herztransplantation bei der es in der Regel auch zu Abwehrreaktionen komme. Thema war auch, ob Architektur denn provozieren müsse. Eine Antwort war, dass das Lesen von Architektur in unserer Gesellschaft im Gegensatz zu Musik und Literatur leider nicht gelehrt werde.