FRITZ AUER

19. Schlossgespräch am 19.04.2022 – Fritz Auer

Thema: „Zwischen Struktur und Skulptur

918 Tage! So lange liegen am 19.05.2022 die letzten Schlossgespräche zurück. Und Fritz Auer, Gast der 19. Heidelberger Schlossgespräche hätte seinen Vortrag eigentlich bereits im April 2020 halten sollen. Es folgten – wie sowohl der Motor und Initiator der Schlossgespräche, Bernd Müller, als auch Moderator Wolfgang Riehle in der Begrüßung feststellen – dramatische weltweite Krisen: die Pandemie, der Ukrainekrieg, diverse Klimakatastrophen. Somit ist es vielleicht gar nicht verkehrt, dass Fritz Auer seinen Vortrag 2022 hält, steht er doch für eine Architektur ohne Machtdemonstration, die sich schon früh für Nachhaltigkeit und eine offene Gesellschaft eingesetzt hat. Die ikonografischen Bauten für die olympischen Spiele in München sind 2022 50 Jahre alt geworden, Günter Behnisch wäre dieses Jahr 100 Jahre alt geworden und wird in Stuttgart mit einer fulminanten Ausstellung gefeiert, in der auch die gemeinsamen Projekte der frühen Jahre im Fokus stehen. Carlo Weber ist 2014 verstorben, somit bleibt der 1933 geborene Fritz Auer, als einer der wenigen Vertreter einer Architektengeneration, die für einen radikal neuen Architekturansatz in den Nachkriegsjahren stehen.

„Von der Struktur zur Skulptur“ nennt Fritz Auer seinen Vortrag, und welches Bauwerk könnte diese dialektische Verbindung besser repräsentieren, als das Zeltdach im Olympiapark in München, eine schwebende Struktur aus Seilnetzen im Kontrast zu den skulpturalen Arenen im landschaftlich modulierten Gelände. Der Bauherr war mutig genug, das junge Büro Behnisch und Partner mit Fritz Auer und Carlo Weber zu beauftragen. Ein Mut, neue Wege zu gehen, der heutzutage trotz der vielfältigen genannten Herausforderungen in der Regel fehlt. Zusammen mit Frei Otto entstand eine Ikone der modernen Architektur, die auch nach 50 Jahren nichts von ihrer Attraktivität eingebüßt hat, wie die Europameisterschaften im Sommer 2022 eindrucksvoll bewiesen haben.

1980 gründeten Carlo Weber und Fritz Auer ihr eigenes Büro, wobei sich Auer als den Strukturalisten sieht und die skulpturale Ausarbeitung eher Weber zuschreibt. Als Beispiele zeigt er das Landratsamt am Starnberger See aus dem Jahr 1987, eine fernöstlich inspirierte Architektur in strenger Modulbauweise. Der Deutsche Pavillon für die Expo 92 in Sevilla suchte eine Antwort für die Frage, wie ein erlebnishaftes Bild der Nation bei der ersten deutschen Präsentation nach der Wiedervereinigung aussehen könnte. Leider wurde eine luftig leichte, schattenspendende Skulptur mit schwenkbaren Sonnensegeln einem uninspirierten Alternativprojekt geopfert. Letztes vorgestelltes Projekt war das 2002 fertig gestellte ESO Hotel am Cerro Paranal in Chile. Inspiriert durch die Kunst von Richard Serras steht diese Skulptur aus gefärbtem Beton wie ein Staudamm in bewegter Wüstenlandschaft.

Auch im abschließenden Gespräch mit Moderator Wolfgang Riehle, der Künstlerin Magdalena Jetelová und dem Leiter des Frankfurter Architekturmuseums Peter Cachola Schmal wird die Mutlosigkeit der heutigen Zeit beklagt, neue architektonische Wege zu gehen. Aber auch Fritz Auer muss sich in seiner Bescheidenheit korrigieren lassen: Auch seinen strukturalen Skizzen wird eine große skulpturale Begabung zugesprochen.