ARNO LEDERER

10. Schlossgespräch am 04.11.2015 – Arno Lederer

Thema: „Zuerst die Stadt, dann das Haus“

Vor 500 interessierten Gästen im Königssaal des Heidelberger Schlosses gratulierte Ministerin Theresa Bauer als Vertreterin des mitveranstaltenden Landes ausdrücklich zu der zwischenzeitlich etablierten Veranstaltungsreihe, von der die Baden-Württembergischen Initiativen zur Förderung der Baukultur erfolgreich unterstützt werde.

Wolfgang Riehle – der ehemalige Präsident der Baden-Württembergischen Architektenkammer – feierte seine Premiere als Moderator . Und der Stuttgarter Architekt Arno Lederer warf die Frage auf, ob sich denn die soziale Kompetenz von Bauherren und Architekten in ihren Bauten zeige? 

Er führte zunächst am Beispiel des mittelalterlichen Klosters Chorin einen Diskurs zu Fortschritt und Gestaltqualität in der Architektur. Lederer konstatierte, dass Fortschritt an sich wertfrei sei und gerade in Geisteswissenschaften und Kultur zunächst per se keine Verbesserung bedeute. Das gelte auch für die Architektur. In der Architektur führe Fortschritt zwar zu technischen Veränderungen, nicht aber zu grundsätzlichen Verbesserungen der gebauten Umwelt. So sei im heutigen Umgang mit Material und seiner Wertschätzung eher eine Verarmung festzustellen. Lederer zeigte, wie frühere Baumeister ganz selbstverständlich aus ihrer jeweiligen Kultur heraus am gebauten Erbe weiter gearbeitet hätten – ohne den Zwang, sich vom Bestand absetzen zu müssen. Stand das Ego des Architekten früher hinter dem „wir“ so steht es – nach Lederer – heute allzu oft im Vordergrund.  

Seinen eigenen Umgang mit Architektur und städtischem Umfeld erläuterte er an drei Beispielen: Der Hospitalhof in Stutgart, die Bischöffliche Verwaltung in Rottenburg und ein Kunstmuseum in Ravensburg. Diese Bauten sind durch Reminiszenzen an den umgebenden Bestand und den Ziegelstein und die ihm innewohnenden haptischen Qulitäten geprägt. Lederer wendet sich dabei bewußt von einer technoid geprägten Glasarchitektur ab und schafft eine klare Trennung von Innen und Außen. – Die Diskussion dazu war erstaunlich wenig kontrovers.

Als zweites Thema des Abends thematisierte Lederer die „Schönheit“ in Architektur und Städtebau. Er beklagte, dass die Frage der architektonischen Schönheit nicht gleichberechtigt mit dem Thema der energetischen Nachhaltigkeit diskutiert würde. Einen Grund für die vielerorts mittelmäßige Gestaltung von Raum und Architektur sieht Lederer darin, dass der Bauherr – und damit auch der Bauherrenstolz – in unserer Gesellschaft verloren gegangen sind und immer öfter anonyme Investorengruppen ihre primär wirtschaftlich geprägten Interessen durchsetzen.