GESINE WEINMILLER

11. Schlossgespräch am 14.04.2016 – Gesine Weinmiller

Thema: „Ethik der Stadt“

Die 11. Heidelberger Schlossgespräche standen ganz unter dem Thema „Ethik der Stadt“. Referentin war die Berliner Architektin Gesine Weinmiller. Ethische Aspekte des Bauens und die gesellschaftliche Verantwortung der Architekten diskutierten mit ihr Moderator Wolfgang Riehle sowie der Theologe Christoph Markschies (ehemaliger Präsident der Humboldt-Universitär Berlin und Vizepräsient der Akademie der Wissenschaften) und die Tübinger Ethik-Professorin Elisabeth Gräb-Schmidt. Gesine Weinmiller selbst ist Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Weinmiller beginnt mit einer deutlichen Kritik an „lauten“ Häusern. Hierfür steht für sie beispielhaft das Gebäude der „Deutschen Med“ in Rostock von Helmut Jahn für das ein Block aus der Gründerzeit einem selbstreferentiellen gläsernen Bürogebäude weichen musste. Der Architekt – mutmaßt Weinmiller – sei wohl nie selbst vor Ort gewesen, anders könne sie sich ein Gebäude, welches alle Prinzipien der Stadtplanung und Nachhaltigkeit missachtet, nicht erklären. „Laute Häuser brauchen ein weites Feld“ und dies sei beispielsweise bei Hadids Insbrucker Bahnstation, die eine Verbindung von Stadt und Berg schafft, gegeben. 

Wie aber sehen „leise Häuser“ aus? Weinmiller hält es mit Karl Valentin, der gesagt hat: „So einfach wie möglich. Nicht einfacher!“ Als erstes Beispiel zeigt sie ihr Gebäude der L-Bank in Karlsruhe mit dem sie die letzte Lücke am dem Schloss gegenüberliegenden Zirkel geschlossen hat. Geschickte Ausnutzung der Dach- und Untergeschossebenen bei gleichzeitiger Reduktion der architektonischen Formensprache ohne in Beliebigkeit abzurutschen sind Mittel der Wahl. Die Verwendung hochwertiger Materialien und sorgfältigster Detailausbildung helfen zudem. Dies gelang auch bei den anderen präsentierten Bauten, dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt, dem Justizzentrum in Aachen, der Renovierung einer Gefängniskirche in Berlin-Plötzensee bei der sie ein bemerkenswertes Farbkonzept realisierte und der in Planung befindlichen evangelischen Kirche in Aachen. Alles Architekturen, die bei aller Zurückhaltung eine feine Balance zwischen Funktion und Ästhetik wahren. Weinmiller baut – wie sie sagt – aus dem Kontext heraus und auf der Suche nach der jeweiligen Aura des Ortes. Letztlich geht es Weinmiller aber auch bei dieser Arbeit um die Frage der ethischen und gerechten Stadt.

Die Diskussion kreist um Ethik, Moralität und Schönheit in der Architektur, wobei alle Diskutanten am Ende eine Lanze brechen für Qualität, die das Spannungsfeld zwischen Einfühlsamkeit und Selbstbewusstheit mit großem Ernst versuchen sollte aufzulösen.