WERNER SOBEK

20. Schlossgespräch am 12.10.2022 – Werner Sobek

Thema: „Über das Bauen von Morgen

Mit dem Vortrag von Werner Sobek zum Thema waren die 20. Heidelberger Schlossgespräche am 12.10.2022 in vielerlei Hinsicht die richtige Veranstaltung zur aktuellen Krisen-Zeit.

„Umdenken ist angesagt“, so Moderator Wolfgang Riehle. Sobek ist einer der profiliertesten Protagonisten der erforderlichen Bauwende: frei nach Mies van der Rohe „less is more“ propagiert Sobek ein „less for more“ oder auch „build for more with less“. 

Sobeks Werkbericht zeigte nur wenige – sehr unterschiedliche – Projekte: den Testturm für Aufzüge in Rottweil mit textiler Fassade, der vollständig recyclebare Altar für den Papstbesuch in Deutschland, der riesige neue internationale Flughafen in Bangkok (der deutschen Energiesparrichtlinien folgt) und – wie er sagt sein Lieblingsprojekt – das neue Schwimmdock von Blohm und Voss in Hamburg. 

Sobek verwies ausführlich auf die wissenschaftliche Darstellung der Grundlagen und Auswirkungen der Klimakrise und was es bedeutet, wenn 6,6 Milliarden Menschen im globalen Süden auch nur annähernd zu unserem Lebensstandard aufschließen – mit Wohnungen, Mobilität, Straßen, Schulen, Krankenhäusern und Universitäten. In der sogenannten ersten Welt besitzt jeder Mensch anteilig an der Gesamtmasse ca. 350 Tonnen Baustoff (Deutschland 450 to.), davon ca. 50% im Hochbau und ca. 50% in Infrastruktur. In der dritten Welt sind es 75 Tonnen. Bei Anpassung an den Deutschen Standard müssten also weitere 2.000 Milliarden Tonnen verbaut werden – das doppelte der existierenden Welt. Und damit wären kein Wachstum, sondern lediglich der Nachholbedarf gedeckt. Die Folgen: Temperaturerhöhungen, Ernteeinbrüchen samt Hungersnöten und Migrationsbewegungen. 

Und in den vergangenen 30 Jahren ereignete sich auch der Verlust von ca. 15-20% der weltweiten Waldflächen. Bauen mit Holz sei deshalb bei weitem nicht die Lösung. Sobek plädiert stattdessen für konsequenten Leichtbau, verschnittfreie Vorfertigung und die Verwendung von Recyclaten. Dabei geht es Sobek aber weniger um Technik, sondern vor allem um die Schaffung von menschlicher Heimat. Keine „Entsagungsästhetik“ sondern – wie er sagt – eine „fulminant gestalteten schönen Welt“, ist die Aufgabe. Denn nur diese wird von den Menschen akzeptiert und gepflegt.

In der anschließenden Diskussion mit der Mannheimer Pfarrerin Ilka Sobottke und der Heidelberger Mitbegründerin der „Architects for Future“ Judith Ottich wurden weitere Aspekte wie die Notwendigkeit einer neuen Innovations- und Fehlerkultur oder auch von Sharingmodellen für Wohnraum (teilen statt neu bauen) angesprochen. Zum Einläuten der erforderlichen Veränderungsprozesse gibt es dabei bereits ein wunderbares Format, wie Wolfgang Riehle zum Abschluss bemerkt: Die Heidelberger Schlossgespräche.