12. Schlossgespräch am 15.11.2016 – Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg
Thema: „Einheit in Vielfalt“
Dass der Königssaal des Heidelberger Schloses voll werden würde, war abzusehen – beim Dreamteam der Deutschen Architektur wie Moderator Wolfgang Riehle Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg wohl nicht ganz zu Unrecht bezeichnete. Riehles einleitende Worte gerieten zur eindrucksvollen Leistungsschau des 1965 gegründeten Büros von Gerkan Marg und Partner (GMP). Größtes Deutsches Architekturbüro mit mehr als 500 Mitarbeitern, Büros an weltweit 13 Standorten, über 700 Preise in internationalen Wettbewerben, davon mehr als 350 erste Preise, unzählige Auszeichnung und Bauten die das gesamte Spektrum vom Einfamilienhaus bis zum weltweit größten Kongresszentrum umfassen.
Was zeichnet aber ein derart erfolgreiches Büro aus? Gibt es trotz der Verschiedenartigkeit der Aufgaben so etwas wie ein Leitbild? Meinhard von Gerkan hat Antworten: „Einfachheit“ sei das oberstes Ziel, dann „Vielfalt und Einheit“ (er nannte das Stadtbild von Bern als Beispiel), „strukturelle Ordnung“ (für die Konstruktion und die Gestaltung gleichermaßen) und „Unverwechselbarkeit“. Beispiele belegen, was gemeint ist: Opernhäuser, Museen, Sport- und Konferenzzentren in China und Vietnam – imponieren neben der schieren Größe auch durch strukturelle Durcharbeitung und Zeichenhaftigkeit; überzeugend noch immer die nachhaltigen Materialkonzepte.
Volkwin Marg richtet seinen Fokus im anschließenden 2. Teil des Vortrags weniger auf klassische Kulturbauen als vielmehr auf Baukultur im Kontext. Er fragt, ob es in den sich verändernden modernen Zeiten überhaupt noch möglich ist, sich über die Formensprache der Architektur gesellschaftlich zu verständigen. Die Antwort ist ein klares „ja“, denn der Formenkanon der Architektur sei einer Spache, die über die Jahrtausende gewachsen und allgemeinverständlich geworden sei. Beispielsweise übertrage der Entwurf der Neuen Messe in Leipzig Archetypen wie Campanile, Gewölbe und Tempel in zeitgenössische Architektur. Und er benennt die Grenzen dieser Formensprache. So wurde beim Olympiastadion in Berlin die totalitäre Architektur durch ein schwebend leichtes, transparentes Dach ergänzt. Es war jedoch mit architektonischen Mitteln nicht möglich, die Geschichte des Bauwerks zu bewältigen; die Architektur wurde durch eine Ausstellung zur Geschichte des Ortes ergänzt.
In der anschließenden Diskussion mit Dr. Ulrike Lorenz, Direktorin der Kunsthalle Mannheim und damit Bauherrenvertreterin, und dem Architekturkritiker Prof. Dr. Veit Jäger wurde unter anderem die Frage diskutiert, wie es ein Büro dieser Größe über mehr als 50 Jahre überhaupt schafft, eine kontinuierliche architektonische Haltung zu konservieren. Marg sieht einen wesentlichen Grund in der beiderseitigen Lehrtätigkeit und der Notwendigkeit, sich im Umgang mit Studenten permanent rechtfertigen zu müssen, um glaubwürdig zu bleiben. Hinzu kämen Publikation, zahllose Diskussionen und der Drang, sinnliche und lebendige Orte zu erschaffen.