STEFAN BEHNISCH

07. Schlossgespräch am 01.04.2014 – Stefan Behnisch

Thema: „Brüche zulassen, Experimente wagen“

„Architekturexport“ – unter diesem Thema standen die 7. Heidelberger Schlossgespräche, die wieder mehr als 500 architekturinteressierte Besucher ins Heidelberger Schloss lockten. Ein erfolgreiches Beispiel für Architekturexport sei die europäische Stadt mit weltweiter Vorbildfunktion, so der Heidelberger Oberbürgermeister Dr. Eckhart Würzner in seinen einleitenden Worten. Er äußerte die Hoffnung, dass die Internationale Bauausstellung „Wissen schafft Stadt“, die bis 2022 in Heidelberg internationale Maßstäbe setzen soll, ebenfalls ein Erfolgsmodell werden könne.

Aber welchen Mehrwert kann Architektur „made in Germany“ bringen? Stefan Behnisch relativiert den Begriff „Architekturexport“ in seinem Vortrag denn auch sofort, handelt es sich doch nicht um die Lieferung von Gütern ins Ausland – also um keine Exportleistung im volkswirtschaftlichen Sinn. Vielmehr geht es um den Austausch von Erfahrung, Wissen, Kultur, Tradition, also um den Transfer einer ideellen Leistung die am Erfüllungsort zu Veränderung führt. Wobei die Arbeit in der fremden Kultur auch gleichzeitig eine Wechselwirkung in der Heimat erzeugt. „Unsere Häuser funktionieren nur in offenen Gesellschaften“ und jeder Eingriff in eine andere Kultur bringt eine Verantwortung des Architekten mit sich, mit der sich Behnisch in seinem Vortrag und der anschließenden Diskussion kritisch auseinandersetzt. 

Den Weg in die Architektur fand Behnisch auf Umwegen; vor dem Architekturstudium hatte er zunächst Philosophie und Volkswirtschaft studiert. Mit 3 Partnern und ca. 90 Mitarbeitern baut Behnisch heute weltweit, wobei der Schwerpunkt der Arbeiten in der westlichen Hemisphäre liegt. Anders als manch anderes deutsches Büro lehnt Behnisch die Arbeit in totalitären Regimen ab – glaubt auch nicht, dass Architektur zu konkreten gesellschaftlichen Veränderungen führen könne. 

Ein Schwerpunkt des Büros Behnisch ist die Suche nach nachhaltigen Lösungen und dieser sehr deutsche, ganzheitliche Ansatz ist wohl auch ein Schlüssel des Erfolges im Ausland. Das Institut für Forst- und Naturwissenschaften in Wageningen Anfang der 90´er Jahre war ein erstes Europäisches Pilotprojekt für nachhaltiges Bauen. Bei den Bauten für das Internationale Patentamt in Genf zeigte sich, dass nachhaltige Lösungen für 140 verschiedene Einzelbauherren mit entsprechend komplexen Entscheidungsstrukturen nicht immer leicht durchzusetzen sind. 

Speziell in den USA hatte das Büro mit seiner ganzheitlichen Arbeitsweise Exotenstatus. Hier war es der Ansatz, im Wettbewerb mögliche Entwurfsstrategien statt fertiger Lösungen zu zeigen, die zu einem ersten Auftrag beim Genzyme Center in Cambridge, Massachusetts führte – dem ersten kommerziellen Gebäude mit Lead Platinum Status in den USA. Es folgte die Juristischen Fakultät der University of Baltimore. Wie der Anspruch der Nachhaltigkeit auch bei scheinbar profanen Bauvorhaben erfüllt werden kann, zeigt Behnisch mit dem letzten vorgestellten Objekt, einer Parkgarage in Santa Monica wo durch ein raffiniertes Spiegelsystem Licht in die Gebäudetiefe gebracht werden konnte. 

Die anschließende Diskussion unter der Leitung von Moderator Reinhard Hübsch vertieft die von Behnisch angesprochene Frage nach der ethischen Verantwortung des Architekten.